Existenzsicherung des Leonberger Krankenhauses

Veröffentlicht am 27.09.2023 in Ortsverein

Information zum Medizinkonzept des Leonberger Krankenhauses                                          

Die öffentliche Diskussion um die Zukunft des Leonberger Krankenhauses, speziell der Gynäkologie und Geburtshilfe hat Fahrt aufgenommen. Bei diesem komplexen Thema müssen sich Sachkenntnis und gute Argumente gegen unrichtige Vereinfachungen und Falschaussagen behaupten.

Die Existenzsicherung des Leonberger Krankenhauses hat für die Leonberger SPD oberste Priorität. Wenn das nur durch die Verlegung von Abteilungen und durch den Aufbau neuer ambulanter Strukturen gelingt, muss man diesen Weg gehen, auch wenn er schmerzhaft ist.

Dann macht auch die geplante Verlegung der Geburtshilfe Sinn.

Mit welchen Fakten werden dies Pläne begründet? Wie sehen die Pläne konkret aus?                                                                                                                                                                          

Zur Erklärung ist die aktuelle Situation des Klinikverbundes und der Vorschlag der Gutachter zur Neuorganisation des Leonberger Krankenhauses hier zusammengefasst.

Bestandsaufnahme und Zukunft der Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe

1.Die im Krankenhaus betriebene operative Gynäkologie konnte die für größere Operationen vorgeschriebenen Fallzahlen nicht erreichen. Deshalb finden sie bereits seit Jahren nicht mehr in Leonberg, sondern in Böblingen statt.

Diese Tendenz zur Spezialisierung an Zentren ist von Krankenkassen, Bundes- und Landespolitik gewünscht und wird durch immer neue Mindestfallzahlen erzwungen. Die Argumente dafür: bessere medizinische Ergebnisse für die Patienten und geringere Kosten für die Kliniken.

Zusätzlich fordert die Politik aus Bund und Land die ambulante Durchführung der meisten kleineren Eingriffe. Fakt ist, dass das möglich ist und von vielen Patienten auch gewünscht wird. Nicht berücksichtigt ist dabei bisher, dass es die erforderlichen ambulanten Strukturen dafür    noch nicht gibt und auch die erforderliche Nachbetreuung älterer Menschen mit Begleiterkrankungen besteht nicht einmal auf dem Papier. Dass der Klinikverbund dieses Defizit in seinem Medizinkonzept bereits vorausdenkt und Geriatrie mit ausreichender Bettenzahl an allen operativen Häusern vorsieht ist die richtige Antwort. Der Campus für die Erbringung der Ambulanten Leistungen ist für Leonberg beschlossen, an der Konkretisierung fehlt es aber noch.

Was bleibt aber für die stationäre Gynäkologie in Leonberg noch übrig, wenn auch die kleineren Eingriffe wegfallen? Eine ganze Abteilung, um eine Geburt pro Tag mitbetreuen? Für diesen Aufwand gibt es weder die Fachkräfte noch das Geld.

2.Die Geburtshilfe, jetzt im zweiten Jahr als Hebammen-geführter Kreißsaal betrieben, wird

nach aktueller Hochrechnung dieses Jahr ca. 550 Kinder zur Welt bringen. In Herrenberg sind es   bei halber Einwohnerzahl doppelt so viele Geburten.    

Die Geburtenzahlen in Leonberg sind seit Einführung des Hebammen- geführten Kreißsaales nicht gestiegen, im Schnitt 1,5 Geburten am Tag, mal keine, mal vier.           

 Trotz der positiven medialen Resonanz auf das Projekt „Hebammengeführter Kreissaal“ ziehen Leonberger Mütter oft Kliniken in Stuttgart, die Filderklinik oder die Böblinger Klinik wegen der dort vorhandenen Kinderklinik vor. Die längeren Anfahrtswege scheuen viele nicht und trotz längerer Anfahrt werden Ihre Kinder nicht im Auto geboren.       

        

Leonberg hat im Übrigen nur die Zulassung für Normalgeburten. Jede Risikoschwangerschaft,

etwa 5 % aller Schwangerschaften, muss also ganz selbstverständlich den Weg nach Böblingen nehmen. Der längere Anfahrtsweg ist sicher lästig, er bedeutet aber kein erhöhtes Risiko für Mutter und Kind.

Mindestzahlen für die Betreuung von Frühgeburten gibt es bereits, Mindestzahlen sind auch für normale Geburten von den Krankenkassen bereits beantragt und würden auch die Leonberger Geburtshilfe betreffen.

Unterschiedliche Meinungen und Bedürfnisse bei den Müttern, aber eine eindeutige Position der Hebammen

Sie stehen hinter „Ihrem“ Kreissaal, schätzen die gestärkte Kompetenz, die Eigenverantwortung und die Teamarbeit auf Augenhöhe mit den Ärztinnen.

Das oft genannte Argument, dass Hebammen die Frau als ganzen Menschen sehen, während Ärztinnen Frauen nur als Patientin sehen, wird allerdings der zugewandten Haltung vieler Ärztinnen nicht gerecht und ist für die anstehenden Abwägungen irrelevant. 

Ebenfalls ins Feld geführt wird der Charme des kleinen Hauses mit seiner persönlicheren    

Betreuung. Junge Mütter, die das so erlebt haben, setzen sich mit großem Engagement für den Erhalt der Abteilung ein. Da sich der Personalschlüssel an der durchschnittlichen Auslastung orientiert, ist die Betreuung an ruhigen Tagen sicher intensiver und persönlich, wenn aber mehrere Geburten gleichzeitig oder kompliziert verlaufen, muss sich auch in Leonberg die Betreuung auf das Nötigste beschränken.

         

Große Bedenken der Hebammen bestehen hinsichtlich der künftigen Größe der Geburtshilfe am Flugfeldklinikum.

Bereits jetzt werden dort ca. 2800 Kinder entbunden, mit Leonberg werden es deutlich über 3000 werden. Die bisherigen Pläne für die Geburtshilfe    der Flugfeldklinik sehen das weder räumlich noch personell vor. Da muss frühzeitig unter Einbeziehung der Mitarbeiterinnen nachgearbeitet werden. Das Gleiche gilt für die organisatorischen Strukturen. Was in Leonberg aufgrund der überschaubaren Größe auf kurzem Dienstweg möglich war, muss in einer Großklinik organisatorisch klar sein, z.B. die persönlichen Zuständigkeiten.  Auch künftig braucht jede werdende Mutter „Ihre“ Hebamme. 

Die nötigen Platzreserven sind in der Flugfeldklinik vorhanden und der Wille zu einer guten organisatorischen Umsetzung ist da.

        

Wenn man erwartet, dass das Leonberger Hebammenteam den Weg nach Böblingen mitgeht, darf   man deren positive Erfahrungen mit dem Hebammengeführten Kreissaal nicht einstampfen. Das muss auch in Böblingen möglich sein. Auch eine Einbeziehung der Leonberger Hebammen bei der Anpassung der Räume und Strukturen der Flugfeldklinik sollte selbstverständlich sein.        

Trotzdem wird es für das Leonberger Team nicht leicht sein, seine Identität aufzugeben und sich in eine neue viel größere Mannschaft zu integrieren. In jedem Fall wird aber eine klare Entscheidung besser zu akzeptieren sein als eine jahrelange Hängepartie, wie sie bei der kommenden Einführung  einer Mindestgeburtenzahl für die Leonberger Geburtshilfe zu erwarten wäre.

Die Zukunft der Kardiologie am Krankenhaus Leonberg      

Die Patientenzahlen mit akuten, schweren Herzerkrankungen sind seit Jahren zu niedrig, um die Mindestmengen zu erreichen, die für die Behandlung komplexer kardialer Notfälle gefordert werden. Auch wäre ein Team von 5 hochspezialisierten Kardiologen erforderlich, um einen Herzkatheter rund um die Uhr in Bereitschaft zu halten. Die gibt der Arbeitsmarkt nicht für vier Klinikstandorte her. Die Verlegung ist plausibel und alternativlos.

Warum jetzt? Kann man nicht warten, bis die Krankenhausreform umgesetzt wird?          

1.Das Geld reicht nicht mehr! Das jährliche Defizit des Klinikverbundes lag vor 4 Jahren noch   

bei ca. 20 Millionen. Die Hoffnung war, dass die Patientenzahlen und damit die Einnahmen wieder     steigen und sich der Vor-Coronazeit annähern. Tun sie aber nicht. Die Patientenzahlen bleiben in

ganz Deutschland dauerhaft 15% niedriger. Die Folge: massiv gestiegene Kosten! Das Defizit für 2022 liegt bereits bei über 50 Millionen €. Derzeit kommen monatlich über 5 Millionen € hinzu! Dazu kommen noch die Kosten für die Kliniksanierungen und den Neubau der Flugfeldklinik.

Sie trägt der Landkreis, holt sich das Geld aber über die Kreisumlage von den Städten u. Gemeinden.

2.Das Personal reicht nicht mehr! Allein 18 Millionen € musste der Klinikverbund letztes Jahr  

für Leasingkräfte ausgeben, um Engpässe zu überbrücken und die vorübergehende Schließung ganzer Abteilungen zu verhindern. Und das wird sich noch zuspitzen. In den nächsten Jahren gehen die geburtenstarken Jahrgänge in Rente, während der Nachwuchs sich halbiert hat.

3.Die Umsetzung der Lauterbach’schen Krankenhausreform durch die Länder    bedroht die kleinen Häuser. Es ist eine klare Aufteilung der Krankenhäuser in unterschiedliche  

Versorgungsstufen vorgesehen, um die Zentralisierung und auch die Schließung völlig     unwirtschaftlicher kleiner Häuser zu erzwingen. Nur wenn wir unsere Hausaufgaben vorher 

gemacht haben, sichert das die Existenz der Leonberger Klinik.

4.Der Baufortschritt der Flugfeldklinik und des Leonberger Krankenhauses lässt jetzt     noch die erforderlichen Anpassungen zu erträglichen Kosten zu.

5. Jetzt bedeutet nicht Jetzt! Der Zeitplan wird durch die Fertigstellung der Flugfeldklinik diktiert und bedeutet einen Zeitrahmen von zwei bis drei Jahren.

                                 

Wie wird das Krankenhaus Leonberg künftig aussehen, wenn das Medizinkonzept umgesetzt ist und die Forderungen der SPD berücksichtigt sind?

Im stationären Bereich: Konzentration auf die Kernbereiche Chirurgie, innere Medizin und die Fächerübergreifende Notfallversorgung rund um die Uhr sowie eine neu installierte Abteilung für  Altersmedizin(Geriatrie).

Im ambulanten Bereich: Ein medizinisches Versorgungszentrum, das Schwangeren- und Neugeborenenversorgung anbietet, mit Gynäkologen, Hebammen, Kinderarzt und weiteren Fachärzten für die ambulante Versorgung der Stadtbevölkerung, sowie ein Zentrum für ambulantes Operieren, das kleinere Eingriffe aus Gynäkologie, Orthopädie und Gefäßchirurgie anbietet.

Ohne Veränderung der Arbeitsabläufe und Bündelung der Kapazitäten sind die Kliniken dauerhaft nicht zu betreiben! Da geht es dann nicht mehr um Anfahrtswege, sondern um die Existenz des Klinikverbundes als Garant einer patientenorientierten Versorgung.  Am Ende stünde eine Privatisierung mit katastrophalen Konsequenzen für Patientenversorgung und MitarbeiterInnen. Die großen Häuser auf dem Flugfeld und in Nagold würden erhalten bleiben, die kleinen Häuser in Herrenberg, Leonberg und Calw aber geschlossen.

Verantwortlich für diesen Text:     Günther Wöhler, Arzt für Allgemeinmedizin

                                                             Kreisrat, Aufsichtsrat im Klinikverbund Südwest

                                                                   guenther.woehler@t-online.de

 

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